Eindrücke aus Mönchengladbach
Stefan Wimmers

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Am 10. April 2014 hatte das Aktionsbündnis Verkehrswende Mönchengladbach zu einer öffentlichen Diskussionsrunde geladen. Für die FWG stellte sich Stefan Wimmers den Fragen des Bündnisses und von interessierten Bürgern. Fragestellungen, die während der Veranstaltung nicht ausreichend erörtert werden konnten, behandeln wir hier.


Der Mobilitätsbeauftrage ist beschlossen. Seine Aufgabe scheint alles andere als klar.

1. Welche Vorstellungen hat Ihre Partei zu seinen Aufgaben bzw. wie soll er in den Stadtrat/in die Verwaltung eingebunden werden?

Der Mobilitätsbeauftragte sollte entsprechend der Thematik im Planungsbereich der Verwaltung angesiedelt sein und muss im Zusammenhang mit Maßnahmen, die in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit Verkehren stehen, eingebunden sein. Dies gilt im Zweifel auch für Bauvorhaben, die auf den ersten Blick nicht zwingend Verkehrsrelevanz haben, weil es sich um Bauwerke handelt. Jedoch können sich auch daraus Ansätze für die damit verbundenen Veränderungen von Fußgänger- und Radwegesituationen ergeben bzw. Ansätze für Veränderungen von Bushaltemöglichkeiten bieten. Dies ist zwingend einzelfallabhängig zu bewerten, erfordert jedoch eine höchstmögliche Informationsdichte.


Funktionierende Nahversorgungszentren in den Stadtquartieren sind wichtig für die Fußgängermobilität.

2. Welche Konzepte hat Ihre Partei für die Errichtung von großflächigem Einzelhandel in den Stadtquartieren?

Bei der Einrichtung von Einzelhandelsflächen ist die jeweilige Struktur der Außenbezirke und deren Gefährdung zu prüfen. Soweit seit der letzten Beschlussfassung eines Einzelhandelskonzepts für die Gesamtstadt rechtliche Änderungen eingetreten sind, ist ggf. über die Anpassung dieses Konzepts zu beraten bzw. eine Neufassung auf aktueller Grundlage anzuregen. Die Nahversorgung der Bevölkerung in Außenbezirken ist zu gewährleisten.


Es wurde Budget im Haushalt eingeplant, um sinnlose Bettelampeln in Mönchengladbach abzuschaffen.

3. Bis wann soll dieser Plan umgesetzt werden bzw. wie kontrolliert Ihre Partei das Erreichen dieses Ziels?

Der Ersatz der Bettelampeln wird durchgeführt. Die Haushaltsansätze werden in diesem Zusammenhang auf konkrete Maßnahmen heruntergebrochen. Es wird darauf zu achten sein, dass entsprechend den Haushaltsansätzen verfahren wird. Die Dauer wird abhängig sein von der Auskömmlichkeit der Haushaltsansätze in Verbindung mit der Vielzahl der notwendigen Maßnahmen.


Bisher wird ein Großteil der Verkehrsinvestitionen für Autostraßen ausgegeben. Gemessen am Modal-Split liegt der Fahrradanteil in Mönchengladbach bei 6% zu 62% Autoanteil - also einem Zehntel.

4. Ist Ihre Partei dazu bereit, im Haushalt einen entsprechenden Anteil an den Verkehrsausgaben für den Radverkehr über einen längeren Zeitraum fest einzustellen, z.B. 20 Mio. Auto - 2 Mio. Fahrrad?

Die veränderte Einstellung zum Auto wird in den kommenden Jahren vor allem im Innenstadtbereich zunehmen und spürbarer sein als derzeit. Die jüngere Generation ist weniger auto-affin, als dies bei den bisherigen Generationen der Fall war. Innenstadtlagen von Großstädten sind bereits heute gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Bewohnern, die komplett ohne eigene Fahrzeuge auskommen, sich im Zweifel Carsharingmodellen bedienen und im Übrigen alternative Verkehrsmittel nutzen. Dies bedingt, über zusätzliche Radfahrangebote verfügen zu müssen. Pauschalierungen insoweit festzusetzen entspricht ggf. nicht den tatsächlichen Anforderungen. Bei anhaltendem vorstehend beschriebenem Trend kann es geboten sein, die Ausgaben sehr viel drastischer verschieben zu müssen.


Derzeit werden unglaublich viele Kinder von ihren Eltern zur Schule gebracht, weil die Eltern es für zu gefährlich halten, dass ihre Kinder Rad fahren oder zu Fuß gehen. So reproduzieren wir Generation um Generation von Autofahrern und Autofahrerinnen!

5. Was gedenkt Ihre Partei zu tun, damit mehr Kinder und Jugendliche per Rad oder zu Fuß zur Schule kommen?

Die Schulwegsicherung ist eine zu priorisierende Aufgabe. Die Abkehr vom Prinzip der Schulbezirkszugehörigkeit von Schülern hat allerdings dazu geführt, dass mehr oder weniger irrationale Schulwege entstanden sind und entstehen werden. Dies macht es äußerst schwierig, klassische Schulwege zu definieren. Im unmittelbaren Umfeld der Schulen ist die Frage der Notwendigkeit von Fahrradwegen unabdingbar. Die darüber hinausgehende Fixierung erfordert nach diesseitiger Auffassung eine seriöse Ermittlung, welche Schulwege überhaupt zunächst im Sinne von prioritätsbindend in Frage kommen können.


Mit der Radstation Rheydt haben wir positive Erfahrungen gemacht. Aber nachweislich ist ein auskömmlicher Betrieb ohne Zuschüsse wegen der Zielgruppe der Beschäftigten, der Preisvorgaben des Landesprogramms etc. nicht zu erzielen. Anderseits bekommt die Stadt auch einen hohen Gegenwert, z.B. Verbesserung der Stadttouristk und Regionaltouristik, Verbesserung der städtischen Verkehrsinfrastruktur, Minderung der Lärmbelästigung und Luftverschmutzung etc.

6. Ist Ihre Partei dazu bereit, die Radstationen in Mönchengladbach zukünftig auch finanziell zu fördern? (In anderen Städten sind die Fördergelder fest im Etat eingebaut.)

Sollte die Fahrradstation zu einem wirklichen Erfolgsmodell werden, erübrigt sich die Frage von Zuschüssen. Für den Fall, dass entsprechende Bedarfe entstehen würden, wäre dies einer neuen Bewertung zuzuführen.


7. Ist Ihre Partei dazu bereit, Sondernutzungsgenehmigungen und Gebühren zur Errichtung von Fahrradabstellplätzen durch z.B. Einzelhändler zu ändern bzw. abschaffen?

Die Möglichkeit, Fahrradabstellplätze zu schaffen und mit Werbung zu finanzieren, muss nach derzeitiger Grundlage als Sondernutzung im Sinne von städtischer Satzung betrachtet werden. Davon muss abgewichen werden, um den Anreiz zur Schaffung dieser Plätze zu schaffen.


8. Ist Ihre Partei dazu bereit, die Pflicht zur Schaffung von Fahrrad-Stellplätzen in eine Stellplatz-Satzung aufzunehmen?

Den freien Kräften des Marktes sollte hinsichtlich der Schaffung von Parkplätzen auch im Sinne von dem Anreiz der Händlerschaft Vorzug gegeben werden, das Vorhalten als Kundenbindungs- und Marketinginstrument betrachten zu dürfen. Dies spricht im ersten Schritt gegen eine Stellplatzsatzung. Vorrang hat immer die Kraft des Marktes, die Individualisierung vor der Bevormundung des Staates.


Die NRW-Landesbaugesetzgebung schreibt die Versorgung von Fahrradabstellplätzen am Haus vor - nur muß das von den Kommunen umgesetzt und kontrolliert werden.

9. Wie will Ihre Partei sicherstellen, dass diese Regelung zukünftig besser eingehalten wird?

Die Einhaltung von Vorschriften im Zusammenhang mit Verkehr ist u.a. eine Kernaufgabe des Mobilitätsbeauftragten. Daraus werden sich Berichte ableiten und zu ggf. notwendigen politischen Reaktionen führen lassen.


10. Welche Position vertritt Ihre Partei zu dem im Wahlprogramm einer Partei geforderten Lückenschluß des Mittleren Rings zwischen Dahlener- und Gingterstraße?

Ich glaube nicht, dass sich diese relativ alte Planung noch realisieren lässt. Zum einen haben sich die davon betroffenen Wohnquartiere verändert, zum anderen liegt keine gestützte Untersuchung über die wirkliche Notwendigkeit vor. Hier wird lediglich eine in grauer Vorzeit für notwendig erachtete Verkehrsverbindung thematisiert. Ein Verkehrsentwicklungsplan moderner Qualität würde hier ggf. für Klarheit sorgen.


Die Verkehrssituation auf der Burggrafenstraße ist heute schon extrem (Lärmbelästigung, LKW-Verkehr).

11. Welche Meinung vertritt Ihre Partei zu der Verlegung der B57, nämlich Verlagerung der Bundesstraße auf die Route Waldnieler Straße - Am Nordpark?

Die Erreichbarkeit der im Bereich ehemaligen Speicker Bahnhof befindlichen Industrieareale muss gewährleistet bleiben. Es macht keinen Sinn, Verkehrsberuhigung um jeden Preis an jedem Ort herbeizuführen. Die dort befindlichen teilweise großen Firmen müssen in der Lage sein, Investitionsgrundlagen zu erhalten, die den Erhalt des Standortes und damit verbundenen Erhalt von Arbeitsplätzen sichert. Im Einzelfall ist dafür auch die Erreichbarkeit durch Schwerst-Lkws zu gewährleisten.

Im Fall von ehemaligen Industrieansiedlungen ohne Nachfolgenutzung kann über Änderungen von Verkehrsführungen bzw. von verkehrsorganisatorischen Maßnahmen nachgedacht werden.


12. Wie stellt sich Ihre Partei die zukünftige Nutzung der Hindenburgstraße vor (Bus, Fahrrad, Anlieferverkehr)?

Die Hindenburgstraße muss für den Anlieferverkehr selbstverständlich zur Verfügung stehen. Anderenfalls werden die dort befindlichen Händler keine Geschäftsgrundlage haben können.

Die Überwindung der Topographie muss insbesondere älteren und hilfebedürftigen Mitmenschen jederzeit möglich sein. Insoweit wird es immer einer irgendwie gearteten Transportmöglichkeit bedürfen. Eine Shuttlesituation mit kleinen Gefäßen, Elektromotoren würde diesem Erfordernis gerecht. Unhaltbar ist die aktuelle Situation von 1000 Bussen täglich. Die Nutzung der Straße durch Radfahrer beurteile ich aufgrund der schwierigen Topographie zurückhaltend. Dies muss insbesondere unter Verkehrssicherungsaspekten und der damit verbundenen Einbeziehung unserer Sicherheitsbehörden abgewogen werden.


13. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen einer Verkehrswende und der Verbesserung der Lebensqualität in der Innenstadt? Falls ja, wo sehen Sie diesen?

Eine von unnötigen Verkehren befreite City, eine Gesellschaft, die mehr als heute auf ihre eigenen Fahrzeuge verzichtet, hat dann eine echte lebensqualitätssteigernde Aussicht, wenn es gelingt, diese Umstände in Verbindung mit einer nach wie vor funktionierenden Innenstadt umzusetzen. Am Beispiel Mönchengladbach und des Quartiers um den Adenauerplatz ist relativ einfach abzulesen, dass sich die Verkehrssituation und die damit einhergehende Beruhigung durch die vor etwa 15 Jahren beschlossene Umgestaltung der Straßenführung erheblich verbessern ließ. Die Quartiere müssen freigehalten werden von Parksuchverkehr und Durchgangsverkehr. Dies darf andererseits nicht dazu führen, dass beispielsweise eine Bismarckstraße unter permanenter Stauung leidet. Hier müssen erhebliche moderne und mutige Ansätze verfolgt werden, um eine derartige Entwicklung im Keim zu ersticken.


14. In welcher Weise sollen/können die geforderten Geschwindigkeitsbeschränkungen mit entsprechenden Maßnahmen zu realem Tempo 30 gebracht werden (Etikettenschwindel 30er-Zone)?

Einzig und allein Kontrollen sind in der Lage, die Einhaltung von Geschwindigkeitsbegrenzungen zu gewährleisten. Dies zeigen die Erfolge und dadurch eintretenden Effekte der nunmehr mehrfach durchgeführten Blitzermarathons.


15. Ist Ihre Partei dazu bereit, die Verwaltung energischer gegen das Zuparken von Fuß- und Radwegen vorgehen zu lassen?

Gemäß Düsseldorfer Beispiel sollte es auch in unserer Stadt möglich sein, Sorge dafür zu tragen, dass sowohl Parken in zweiter Reihe, wie auch das Parken auf Rad- und Fußwegen unterbleiben.


Man hat häufig das Gefühl, Verwaltung und Politik arbeiten gegeneinander und nicht miteinander.

16. Wie stellt sich ihre Partei die Zusammenarbeit mit der Verwaltung vor bzw. wie sollen die Alleingänge des Ordnungsamtes/der Verwaltung zukünftig verhindert werden?

Der Eindruck des Gegeneinanders leidet bisweilen unter dem Umstand, dass zu wenig miteinander geredet wird. Insbesondere außerhalb der turnusgemäßen Ausschusssitzungen ist es keinem verantwortungsvollen Politiker untersagt, mit Verwaltungsmitarbeitern Kontakt aufzunehmen und ins Gespräch zu kommen. Ich persönlich habe insoweit ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht und trete dem Anschein des Gegeneinanders entgegen.


Mit guten Beispiel voran gehen.

17. Warum bietet die Stadt ihren Angestellten kein vergünstigtes Firmenticket an?

Die Personalangelegenheiten sind zwischen den Personalvertretungen und der Kommune, vertreten durch die Länder, im Rahmen der Tarifkonstellationen geregelt. Dieses Thema gehört in diesen Bereich.


Alle anwesenden Politiker haben nahezu unisono die Förderung des Umweltverbundes gefordert. In der letzten VEP-Fortschreibung sind alle diese Dinge enthalten.

18. Warum hat es dafür keine Mehrheit gegeben bzw. wer ist dagegen und warum?

Der letzte wirklich neue Verkehrsentwicklungsplan (VEP) ist so alt, dass nur relativ wenige aktuell tätige Verantwortliche damit und mit dessen Erstellung Erfahrung haben. Ungeachtet dessen haben sich die Anforderungen daran zwischenzeitlich erheblich verändert. Es gibt meines Erachtens handwerkliche Probleme im Zusammenhang mit einem modernen VEP, verbunden mit der Schwierigkeit der politisch Verantwortlichen, ohne fachlich fundierte Hintergrundkenntnisse entsprechende Entscheidungen treffen zu können.


19. Ist Ihre Partei für die Umwandlung der Parkplätze Am Geroweiher in eine Grünanlage?

Grundsätzlich spricht nichts gegen die Ausweitung der Grünanlage am Geroweiher.


Shared Space scheint in Holland/Deutschland (Bohmte) zu funktionieren.

20. Ist Shared Space prinzipiell für Ihre Partei eine Option für Mönchengladbach und wenn ja, wo könnten Sie sich dieses Modell vorstellen?

Eine realistische Umsetzungsmöglichkeit dafür sehe ich im Bereich der Innenstadt Mönchengladbach-Rheydt und um die Marktstraße.


Bitte keine großen Visionen!

21. Welchen konkreten Vorhaben wird Ihre Partei in den ersten 100 Tagen nach der Wahl in Angriff nehmen?

Die Thematik Hindenburgstraße wird keinen Aufschub vertragen. Die 100 Tage-Grenze stößt allerdings schon an die zeitliche Grenze der Sommerpause und damit beratungsfreien Zeit in der Politik.

 

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Erich Oberem sen.
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Der Kommentar - aus und für Mönchengladbach

Diese Website wird seit der Auflösung der Freien Wählergemeinschaft 2016 vom ehemaligen Vorsitzenden Erich Oberem sen. fortgeführt.

 

Dabei sollen Informationen und Einschätzungen zu kommunalpolitischen Angelegenheiten für Interessierte vermittelt werden.