Eindrücke aus Mönchengladbach

Das war ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Rates der Stadt Mönchengladbach. Der Rat fasste in der Sitzung am 28. April 2010  mit Bedacht einen rechtwidrigen Beschluss.

Für die FWG-Fraktion erklärte Erich Oberem die Situation in der Diskussion mit ausführlicher Begründung.

Unter Top 25 stand die Beratung über den Erlass einer Veränderungssperre für ein Gebiet an der Hofstraße (das ehemalige Autohaus Coehnen). Der Oberbürgermeister hatte dem Rat den Erlass dieser Veränderungssperre vorgeschlagen und den Entwurf der dazu erforderlichen Satzung vorgelegt. Voraussetzung für den Erlass dieser Satzung ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das betreffende Gebiet. Diese Voraussetzung sollte schon durch Beschluss des Planungs- und Bauausschusses am 9.Juni 2009 geschaffen werden. Der Ausschuss entschied aber gegen die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Eine Veränderungssperre konnte somit nicht beschlossen werden. Eine Baugenehmigung wäre zu erteilen gewesen. Das geschah aber nicht.

Auf Anraten des Rechtsdezernenten der Stadtverwaltung entschied der Rat der Stadt am 17. Juni 2009, dass ein Bebauungsplan aufzustellen sei. Der Rechtsdezernent war der Auffassung, dass damit die Entscheidung des Planungs- und Bauausschusses vom 9. Juni 2009 aufgehoben sei. Die Voraussetzung für den Erlass einer Veränderungssperre war somit gegeben. Eine Baugenehmigung brauchte nicht erteilt zu werden.

Doch der Rechtsdezernent irrte, wie durch einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Münster vom 22. April 2010 festgestellt wurde. Der Rat konnte den Beschluss des Planungs- und Bauausschusses nicht aufheben, weil ihm dazu die Zuständigkeit fehlte.

Obwohl nun eindeutig feststand, dass für eine Veränderungssperre keine Grundlage besteht, empfahl der Rechtsdezernent dem Rat in der Sitzung am 28. April 2010 dennoch, eine entsprechende Satzung zu beschließen. Zweck dieses Beschusses ist die Verhinderung einer Baugenehmigung. Nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes besteht das Recht auf eine Baugenehmigung aber bereits seit zehn Monaten. Wenn die Erteilung dieser Genehmigung nunmehr weiterhin verhindert wird, ist das ein Rechtsbruch, der - weil vorsätzlich - Schadenersatzanspruch auslösen kann, für den die Mitglieder des Rates, die ihn nicht mit ihrer Abstimmung verhinderten, ersatzpflichtig sein könnten.

Besonders kompliziert wird die Angelegenheit, weil ein Beschluss des Planungs- und Bauausschusses vom 9. Februar 2010 vorliegt, der dem Wortlaut nach die Aufstellung eines Bebauungsplanes festlegt. Und dies mit Rückwirkung ab dem 17. Juni 2009. Warum dieser Beschluss gefasst wurde und ob das dafür erforderliche Bewusstsein der beschließenden Ausschussmitglieder vorhanden war, ist unklar. Der Beschluss wurde nach Abänderung einer von der Verwaltung vorgelegten Beratungsvorlage gefasst. Diese Beratungsvorlage hatte keinen Vorschlag für einen Beschluss enthalten, sondern nur einen Vorschlag zur Feststellung der Kenntnisnahme von einem Bebauungsplanentwurf. Auf Vorschlag des Ausschussvorsitzenden, dem Ratsherrn Vennen (SPD), wurde (neu) die Aufstellung eines Bebauungsplanes mit Rückwirkung ab 17. Juni 2009 und (neu) die "zustimmende" Kenntnisnahme des vorliegenden Entwurfes eines Bebauungsplanes beschlossen.

Das Oberverwaltungsgericht hat diesen Beschluss als den ungeeigneten Versuch gewertet, eine Wirkung zu erzeugen, die der Ratsbeschuss vom 17. Juni 2009 nicht haben konnte, nämlich die Aufhebung des die Aufstellung eines Bebauungsplanes verhindernden Beschlusses des Planungs- und Bauausschusses vom 9. Juni 2009. Das Gericht hat die Rückwirkung des Beschlusses vom 9. Februar 2010 auf den Zeitpunkt 17. Juni 2009 als rechtwidrig erkannt. Damit bleibt aber offen, ob dem Beschluss eine Wirkung für die Zukunft zukommt. Das nur kann der Grund sein, warum der Rechtsdezernent glaubt, dem Rat die Beschlussfassung über den Erlass einer Veränderungssperre empfehlen zu dürfen. Er hält das für zweckmäßig, weil er jetzt nur noch die Wirkung für die Zukunft will, um die Erteilung einer Baugenehmigung trotz der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes noch zu verhindern.

Diese Absicht könnte erfolgreich sein, wenn der Beschluss des Planungs- und Bauausschusses vom 9. Februar 2010 als Aufhebung des Beschluss vom 9. Juni 2009 mit Wirkung für die Zukunft gewertet werden darf. Das würde aber zur Voraussetzung haben, dass den Mitgliedern des Ausschusses die Aufhebungsabsicht bewusst gewesen ist. Dafür, dass dieses Bewusstsein vorlag, gibt es weder in der hier massgebenden Beratungsvorlage noch in der Protokollierung über dieses Thema einen Anhalt.

Die Aufhebung des Beschusses vom 9. Juni 2009 konnte gar nicht Gegenstand von Überlegungen bei der Beschlussfassung am 9. Februar 2010 gewesen sein, weil bei keinem der Mitglieder ein Zweifel darüber bestanden haben kann, dass die Aufhebung bereits am 17. Juni 20109 durch Ratsbeschluss erfolgt sei und wirksam ist. In dieser Auffassung wurden die Ausschussmitglieder auch am 3. März 2010 noch im Rat mit einer Information des Rechtdezernenten über einen Spruch des Verwaltungsgerichtes vom 10. Februar 2010 bestärkt. Welchen Zweck sollte es also gehabt haben, am 9. Februar 2010 die Aufhebung des Beschlusses vom 9. Juni 2009 zu thematisieren? Wenn es somit keinen Grund für eine Thematisierung der Aufhebung des Beschlusses vom 9. Juni 2009 gab, dann kann es in der Sitzung des Planungs- und Bauausschusses auch den Antrag auf Aufhebung dieser früheren Entscheidung nicht gegeben haben, der nach der Geschäftsordnung zwingend vorgeschrieben ist.

Der Beschluss des Planungs- und Bauausschusses vom 9. Juni 2009, keinen Bebauungsplan aufzustellen, ist also immer noch wirksam. Somit hat eine Veränderungssperre für das betroffene Gebiet auch zukünftig keine Grundlage. Dies bedeutet, dass der in der Sitzung des Rates am 28. April 2010 vom Rechtsdezernenten empfohlene Beschluss über eine Veränderungssperre rechtwidrig ist, auch wenn dieser Beschluss nur Wirkung für die Zukunft hat.

 

Verantwortlich im Sinne von § 5 TMG

Erich Oberem sen.
Kampsheide 9, 41063 Mönchengladbach

 

Tel: +49 2161 896528
Web: www.fwg-in-mg.de
E-Mail: info@fwg-in-mg.de

Der Kommentar - aus und für Mönchengladbach

Diese Website wird seit der Auflösung der Freien Wählergemeinschaft 2016 vom ehemaligen Vorsitzenden Erich Oberem sen. fortgeführt.

 

Dabei sollen Informationen und Einschätzungen zu kommunalpolitischen Angelegenheiten für Interessierte vermittelt werden.