Von Erich Oberem sen..
Die Müllabfuhrgebühren waren bisher aus dem Grundbesitzabgabenbescheid zu ersehen. Und der kam von der Stadtverwaltung. Das ändert sich ab 2017.
Zukünftig wird es einen Müllabfuhrgebührenbescheid unabhängig vom Grundbesitzabgabenbescheid geben. Der Gebührenbescheid kommt von mags. So ist die Kurzbezeichnung für die Mönchengladbacher Abfall-, Grün- und Straßenbetriebe - Anstalt des öffentlichen Rechts. Diese Anstalt ist nunmehr an Stelle der Stadt für Berechnung, Festsetzung, Veranlagung und Einziehung der Müllabfuhrgebühren zuständig. Allerdings bedarf die Festsetzung der Müllabfuhrgebühren der vorherigen Zustimmung des Rates. Der entsprechende Beschluss wurde am 13. Dezember 2016 gefasst. Grundlage für die zustimmende Entscheidung des Rates waren Unterlagen, die umfangreich und nicht leicht zu verstehen sind. Dennoch wurde ohne Diskussion abgestimmt. Alles klar!
Wirklich? Keine Frage offen? - Schauen wir mal!
Die Presse hat nicht nur einmal darüber berichtet, dass Mönchengladbach zu den Städten mit hohen Müllabfuhrgebühren gehört. Daraus erklärt sich großes Interesse am Ergebnis der diesjährigen Festsetzung. Keine erwähnenswerte Erhöhung, im Wesentlichen gleichbleibende Gebührensätze für 2017 sind die Nachrichten für die Öffentlichkeit.
Die Jahresgebühr für die Müllabfuhr ohne Eigenkompostierabschlag vermindert sich um sage und schreibe 0,16% gegenüber 2016. Das entspricht Beträgen von 0,25 €, 0,34 € und 0,50 € bezogen auf die Jahresgebühr für 2016 von 151,73 €, 212,41 € und 303,46 € für die Systemmülleimer von 25, 35 und 50 L. Die Gebühr nach Abzug des Eigenkompostierabschlages erhöht sich um 2,67 %, entsprechend 2,74 €, 3,85 € und 5,50 € bei Jahresgebühren für 2016 von 102,87 €, 144,01 € und 205,73 € für dieselben Größen von Systemmülleimern. Für die Müllabfuhr bei Benutzung der verschiedenen Formen von größeren Behältnissen (Container) sind die Gebühren entsprechend geringfügig niedriger bzw. höher als in 2016.
Beim Blick auf die Kostendetails fällt zunächst auf, dass die Kostenart, zu der die Sach-, Gemein- und Personalkosten gehören, um rund 650.000 € geringer sind als für 2016. Das ist keine echte Kostenverminderung. Die Differenz ergibt sich, weil die mags für dienende Verwaltungstätigkeiten erheblich weniger Geld aufwendet als vordem die Stadt. Das gilt z.B. für die Kosten der Veranlagung der Müllabfuhrgebühren. Das sind die Kosten für die Produzierung der Information des Bürgers über die von ihm zu zahlende Gebühr. Hier setzt die mags geringere Kosten an als die Stadt, obwohl die Kosten der Veranlagung anders als bei der Stadt nicht nur Teil eines Aufwandes sind. Die höheren Kosten bei der Stadt waren Teil der sog. Inneren Verrechnungen und beruhten auf Buchungsvorgängen, die dem haushaltstechnischen Ausgleich zwischen einzelnen Dienststellen der Stadt dienten. Lastschriften im Rahmen der Inneren Verrechnungen zum Nachteil der Gebührenschuldner sind durch den Versuch zu erklären, mit höheren Gebühren einen Sanierungseffekt für den unausgeglichenen Haushalt zu erzielen. Hier hat also die neue Zuständigkeit bei der mags dem Bürger einen finanziellen Vorteil gegenüber dem bisherigen Zustand gebracht, der über die nur geringfügige Erhöhung der Gebühren für 2017 mit entscheidet. Dahinter steckt kein lobenswertes Verwaltungshandeln.
In Bezug auf die Kostenart, zu der die Sach-, Gemein- und Personalkosten gehören, fällt auf, dass der davon auf die Summe der Rauminhalte aller Bioabfalltonnen entfallende Teil mit 1.177.029 € wesentlich höher ist als der Teil der Kosten, der auf die Summe der Rauminhalte aller Restmüllgefäße entfällt. Der auf die Summe der Rauminhalte der Bioabfalltonnen entfallende Teil ist nahezu doppelt so hoch wie der auf die Summe der Rauminhalte aller Restmüllgefäße entfallende Teil. Diese Kostenaufteilung ist für die Ermittlung des sog. Eigenkompostierabschlages bedeutsam. Je höher dieser Kostenanteil ist, umso höher ist der Eigenkompostierabschlag und umso mehr wird die Gebühr ohne Eigenkompostierabschlag erhöht. Dieser Zusammenhang macht deutlich, dass eine unverhältnismäßige Kostenentlastung des Rauminhaltes aller Biotonnen sich zum Nachteil aller Gebührenzahler auswirkt, die keine Eigenkompostierung betreiben. Eine solche Folge wäre sachgerecht, wenn zwischen der Summe aller Kosten dieser Art und den Rauminhalten aller Restmüllgefäße einerseits und aller Bioabfalltonnen andererseits ein sachlicher Zusammenhang bestünde. Das ist aber nicht der Fall. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass Umstände existieren, die zu der Annahme führen müssen, dass die Summe der Rauminhalte aller Bioabfalltonnen fast doppelt so viel Kosten der bezeichneten Art verursachen wie die Summe der Rauminhalte aller Restmüllbehältnisse. Wenn dies aber so ist, hat die Gebührenkalkulation für das Jahr 2017 - wie übrigens alle Gebührenkalkulationen aller früheren Jahre - einen Fehler, der bewirkt, dass die Müllgebühren ohne Eigenkompostierabschlag gegenüber den Gebühren nach Eigenkompostierabschlag unangemessen zu hoch sind.
Mehr als 50% der Kosten, die durch Müllabfuhrgebühren gedeckt werden müssen, nämlich rd. 18,5 Mio. €, werden durch den Einsatz der GEM verursacht. Dabei handelt es sich um die Entgelte, die für Sammlung und Transport von Abfällen sowie abfallwirtschaftliche Nebenleistungen in diesem Zusammenhang zu zahlen sind. Aus den Unterlagen über die Gebührenkalkulation, die dem Rat der Stadt zur Information vorlagen, ist die Bezeichnung einer Vielzahl von Leistungen der GEM und die Höhe der darauf entfallenden Entgeltanteile zu entnehmen. Es gibt jedoch keine Information darüber, wie die jeweils genannten Beträge errechnet wurden. In der Ratssitzung wurden auch keine Fragen dazu gestellt. Seltsam! Dabei drängen sich Fragen geradezu auf.
Besonders auffällig ist ein in der Kostenzusammenstellung separat ausgewiesener Betrag von 1.219.405 € mit der Zweckbestimmung Saubere Stadt. Dabei handelt es sich - wie ausdrücklich vermerkt ist - um Kosten der Stadtbildpflege gemäß einem Beschluss des Rates vom 20. November 2014. In den Erläuterungen zu den Kosten für abfallwirtschaftliche Nebenleistungen wird mit der Zweckbestimmung Sauberkeit in der Stadt ein weiterer Betrag von 170.000 € genannt.
Müllabfuhrgebühren sind für die Inanspruchnahme der Einrichtungen der Abfallentsorgung im Rahmen des Anschluss- und Benutzungszwanges zu zahlen. Inwieweit hier eine solche Inanspruchnahme vorliegt, erschließt sich nicht ohne weiteres. Da ist eher schon eine Beziehung zur Straßenreinigung herzustellen.
Stadtbildpflege ist allerdings eine Aufgabenstellung, die weder mit der Abfallentsorgung noch mit der Straßenreinigung identisch ist. Diese Aufgabe gehört auch nicht zu den der GEM übertragenen Aufgaben. Wieso also können Kosten in einer doch nicht unerheblichen Höhe von insgesamt fast 1,3 Mio. € der Berechnung der Müllabfuhrgebühren zu Grunde gelegt werden?
Ein Rechtfertigungsgrund könnte in § 9 des Landesabfallgesetzes gesehen werden, der auch in der Präambel zur Abfallgebührensatzung genannt ist. Dort ist festgelegt, dass zu den Kosten, die der Berechnung der Müllabfuhrgebühren zu Grunde gelegt werden dürfen, die Kosten der getrennten Erfassung von Abfällen außerhalb der regelmäßigen Grundstücksentsorgung, einschließlich der Kosten für die Aufstellung, Unterhaltung und Entleerung der Straßenpapierkörbe gehören. Dabei wird die auf Papierkörbe bezogene Verpflichtung ausdrücklich auf die Fälle begrenzt, die dies nach den örtlichen Verhältnissen erfordern. Dieser Bezug gilt dann sicher auch für die Erfassung von Abfällen außerhalb der Grundstücksentsorgung.
Stadtbildpflege geht begrifflich bereits weit über die Abfallentsorgung hinaus. Deshalb können die genannten Kosten nicht - jedenfalls nicht so unbegrenzt, wie mit der Erläuterung zur Gebührenkalkulation dargestellt - zur Grundlage einer Zahlungspflicht aus abfallrechtlicher Sicht gemacht werden.
Eine weitere Frage ist, in welchem Verhältnis die Regelung zum Straßenreinigungsrecht steht. Inwieweit ist die Aufgabe, die hier in Rede steht, Angelegenheit der Straßenreinigung?
Es zeigt sich, dass eine Reihe von Fragen zu klären gewesen wäre, bevor die Gebührenkalkulation kommentarlos akzeptiert wurde. Über die Art, wie die Kostenhöhe zustande kommt, wird die Akteneinsicht im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes Aufschluss geben. Darüber hinaus sind Antworten abzuwarten, die von der mags zu erteilen sind. Der zeitliche Rahmen wird nach der Rechtsbehelfsfrist im Müllabfuhrgebührenbescheid zu bestimmen sein.
Für Transportleistungen der GEM bezogen auf Systemmülleimer, Container und Bioabfall weist die Kostenzusammenstellung - ebenfalls ohne weitere Detaillierung - den Betrag von 10.912.430 € aus. Darüber hinaus zusätzlich sind - wie die Kosten für Stadtbildpflege als abfallwirtschaftliche Nebenleistungen deklariert - Beträge genannt für Sperrmüll, Grün, Schadstoffe = 2.165.756 €, Papierkörbe, PPK = 1.458.945 €, Wilder Müll in Brunnen = 12.000 €, Marktreinigung und Kirmesreinigung = 20.000 €, Sammelstellen = 1.778.181 €. Es erscheint nahezu unmöglich, dass hier Überschneidungen zwischen den Kostenarten ausgeschlossen werden können. Ob Überschneidungen mit Leistungen der Straßenreinigung vorliegen ist ebenfalls nicht prüfbar.
Denkbar ist, dass hier teilweise Leistungen erbracht werden, die, wie z.B. die Papierkorbleerung, je nach der örtlichen Situation als Leistungen außerhalb der regelmäßigen Grundstücksentsorgung kostentechnisch berücksichtigt werden dürfen. Die Beantwortung dieser Frage ist nur nach Prüfung weiterer Informationen möglich, die aber fehlen. Auch hier hilft nur die Einsicht in die Unterlagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz.
Die Prüfung der Kosten, die als Entgelte der GEM dargestellt sind, ist nicht nur zur Detailbeurteilung in Bezug auf den jeweiligen Leistungsinhalt von Interesse. Die Frage nach den Gewinnen, die von der GEM hier einkalkuliert wurden, ist von Bedeutung. Die GEM ist heute eine GmbH, deren einziger Gesellschafter die mags ist. Zu der Zeit, als die Stadt nur zu 50% beteiligt war, schüttete die GEM eine Dividende für die Stadt von 1,5 Mio. € aus. Demzufolge wäre für den derzeit einzigen Gesellschafter mags ein Gewinn von 3 Mio. € zu erwarten, und zwar nur gebührenfinanziert (Müll- und Straßenreinigung). Diese Informationen ergeben sich aus dem Beteiligungsbericht der Stadt für 2013 (dem im Ratsinformationssystem zuletzt veröffentlichten Bericht). Eine Berechtigung dafür, einen Gewinn von 3 Mio. € gebührenfinanziert zu kassieren, wäre noch zu begründen.
Es ist nun abzuwarten, welche Ergebnisse sich aus Rückfragen bei der mags und der Einsicht in die bezeichneten Unterlagen der GEM im Rahmen des Einsichtsrechtes nach dem Informationsfreiheitsgesetz ergeben.