Eindrücke aus Mönchengladbach

Die FWG-Fraktion hatte bereits im Vorfeld der Ratssitzung vom 22. Dezember 2010 vor der Rechtsformänderung in eine gGmbH für die Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld und Mönchengladbach gewarnt.

Die vom Rat am 29. April 2009 beschlossene Prüfung als Voraussetzung für eine Entscheidung über eine Rechtsformänderung liege nicht vor, argumentierte die Fraktion. Die Warnung fand im Rat ebenso wenig Beachtung wie zuvor schon im Finanzausschuss und im Hauptausschuss. Die Gestaltenmehrheit, unterstützt durch die CDU-Fraktion, beschloss die Rechtsformänderung ohne hinreichende Information über die Folgen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Aussage des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Dr. Hans Peter Schlegelmilch, wonach die Sicherung des Theaters für den Zeitraum nach 2015 rechtzeitig zum Thema gemacht werden soll. Das damit die Möglichkeit von Bestandsänderungen und deren Inkaufnahme zum Ausdruck gebracht wurde, fiel wohl niemandem auf. Oder sind vielleicht alle insgeheim bereits in dem Bewusstsein einig, dass solche Änderungen stattfinden werden? Die FWG-Fraktion konnte sich dem von Oberbürgermeister Bude zu verantwortenden Verwaltungsvorschlag für die Rechtsformänderung nicht anschließen. Die Fraktionsmeinung dazu trug Erich Oberem vor:

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

am 29. April 2009 hat der Rat beschlossen, die Verwaltung möge die organisatorischen, rechtlichen, steuerrechtlichen, finanziellen und sonstigen Voraussetzungen und Folgen einer Umwandlung der BGB-Gesellschaft VSB in eine GmbH oder gGmbH prüfen. Heute wird Ihnen von der Verwaltung vorgeschlagen, die erforderlichen Beschlüsse zur Gründung einer gGmbH zu fassen. Das Ergebnis der in Auftrag gegebenen Prüfung steht allerdings noch aus. Ich habe im Finanzausschuss beantragt, man möge das Prüfungsergebnis vorlegen und die abschließende Beratung über die Gründung der gGmbH zunächst zurückstellen. Weder Gestaltenmehrheit noch CDU waren an der Vorlage des Prüfungsergebnisses interessiert. Der Antrag wurde abgewiesen. Für die CDU wurde sogar erklärt, man fühle sich ausreichend informiert, die gegebenen Erklärungen sein nachvollziehbar.

Das liegt sicher an der Interessenslage, die Ihnen auch Herr Dr. Fischer versucht zu vermitteln. Er erklärt, es sei jetzt anderthalb Jahre lang genug gesprochen, diskutiert, geredet worden. Und nun wäre alles klar. Klar, meine Damen und Herren, ist überhaupt nichts.

Meine Damen und Herren,

es liegen Ihnen keine Erklärungen im Sinne des Prüfungsauftrages vom 29. April 2009 vor. Noch am 1. Juni 2010 wurde in der Beratungsvorlage 609/VIII erklärt, eine in Krefeld laufende Prüfung sei noch nicht einmal abgeschlossen. In der Verwaltung der Stadt Mönchengladbach, an die sich der Prüfauftrag richtete, hat allem Anschein nach niemand etwas getan.

Der Verweis auf Besprechungen in Workshops und im Kuratorium der VSB vermag diesen Mangel nicht zu heilen. Das sind Zirkel, die den meisten von uns gar nicht zugänglich sind. Die auch der Öffentlichkeit so ohne weiteres nicht zugänglich sind. Und das, was da gesprochen wird, kommt aus einer anderen Quelle als aus der eigenen Verwaltung, die Ihnen gegenüber verantwortlich ist, dem Rat der Stadt Mönchengladbach. Abgesehen davon gab es auch in diesen Zirkeln die vom Rat der Stadt Mönchengladbach gewünschten Informationen nicht.

Eine Entscheidung ohne die Kenntnis vom Ergebnis der Prüfung mit dem breit angelegten Prüfungsziel wäre eine fahrlässige Fehlentscheidung. Selbst actori hat die Umwandlung in eine andere Rechtsform nie empfohlen. Das ist nachzulesen in den Actoriunterlagen vom 3. Februar 2009, 16.Februar 2009 und 2.März 2009.

Interessant ist, wie die Inhalte dieser Unterlagen waren. Zunächst wurde festgestellt - in der Unterlage vom 3. Februar 2009 nachzulesen - dass die GbR-Regelung für die Vereinigten Städtischen Bühnen (VSB) eine sehr gute Lösung ist. Die Frage, ob eine Rechtsformänderung ins Auge gefasst werden soll, ist in den Actoriunterlagen immer mit einem Verweis auf ein Modell 4 verbunden. Und das, meine Damen und Herren, geht zurück auf Wirtschaftlichkeitserwägungen im Zusammenhang mit Organisationsprüfungen von 2006. Wer aber kennt diesen Zusammenhang noch? Viele von Ihnen sind neu im Rat in dieser Wahlperiode und haben diese alten Unterlagen mit Sicherheit nie gesehen.

Die Frage der Anbindung der spielfertigen Häuser spielt dabei die entscheidende Rolle. Nur dann, wenn die spielfertigen Häuser auf die VSB übertragen werden sollten, stellt sich nach actori die Frage einer Rechtsformänderung überhaupt erst. Und diese Frage ist mit den Ihnen vorliegenden Unterlagen nicht so gelöst, das es den Interessen der Stadt Mönchengladbach dient. Die Stadt bleibt danach nämlich Träger aller Kosten für das spielfertige Haus, gibt aber alle Verfügungsgewalt darüber auf. Die FWG-Fraktion hatte dem darauf bezogenen Teil des Beschlusses vom 29. April 2009 schon nicht zugestimmt. Sie wird wegen der Informationsmängel auch heute den Vorschlägen nicht zustimmen können.

Was heute beschlossen werden soll, ist ein ganz gefährliches Geschäft mit bösen Hintergedanken und das ist nicht mal eine von mir erfundene Bezeichnung für die hier gewählte Rechtsform.

Die gewünschte Entscheidung sichert den Bestand unseres Theaters und des Orchesters auf Dauer nicht. Dazu die folgenden Anmerkungen zu dem Entwurf des Gesellschaftsvertrages:

In dem alten Vertrag über die VSB wird festgestellt, dass die Städte Mönchengladbach und Krefeld zusammen ein Theater und ein Orchester tragen. In dem Entwurf des Gesellschaftsvertrages, der Ihnen vorliegt, steht nur, dass der Gegenstand des Unternehmens ist, einen Theater- und Orchesterbetrieb... zu betreiben und Aufführungen aus bestimmten Kunstgattungen stattzufinden haben. Diese Festlegungen sind inhaltlich unzureichend. Sie besagen nicht, dass die Stadt Mönchengladbach ein Theater und ein Orchester trägt, in dem ein fester Bestand von Personal die Kultur pflegt. Verpflichtend ist danach nur das Aufführen von Theaterspielen und das Aufführen von Konzerten. Das reicht zur Sicherung unseres Theaters und unseres Orchesters nicht aus.

Meine Damen und Herren,

es gab am 16. September 2010 in Krefeld eine Besprechung, zu der Vertreter der Fraktionen aus dem Rat der Stadt Mönchengladbach nach Krefeld gebeten waren. Die Vertreter der FWG haben bei dieser Gelegenheit auf die Problematik, die ich gerade beschrieb, hingewiesen. Eine Diskussion zu den von den Vertretern der FWG aufgeworfenen Fragen gab es nicht. Der Kulturdezernent aus Krefeld hatte dem die Moderation führenden Kulturdezernenten von Mönchengladbach zugeraunt: Drüber weggehen, gar nicht drüber diskutieren. Der Moderator verfuhr entsprechend. Und unsere Informationen gingen in den Wind. Es wurde diese Frage nicht weiter erörtert. Man ging zum nächsten Punkt über. Darauf haben sich die Vertreter der FWG aus der Veranstaltung mit dem Hinweis verabschiedet, dass man so mit Vertretern des Rates der Stadt Mönchengladbach nicht umgehen könne.

Es fehlt in allen Unterlagen, die Ihnen zugänglich sind, ein Hinweis auf diesen Eklat. Der Vorgang macht aber klar, dass die langfristige Sicherung des Bestandes eines eigenen Theaters und eines Orchesters nicht beabsichtigt ist. Bestärkt wird dieser Eindruck durch eine Anmerkung des Kämmerers der Stadt Mönchengladbach in demselben Zusammenhang. Danach soll die Sicherung eines Dreispartentheaters nicht festgeschrieben werden, weil dies gegen den Willen der Aufsichtsbehörde ginge.

Der Zweck der Gesellschaft soll die Förderung von Kunst und Kultur sein, insbesondere durch Aufführungen in den Bereichen Oper, Operette, Musik, Schauspiel, Konzerte, Kinder- und Jugendtheater und Ballett verwirklicht. Das, meine Damen und Herren, ist ein Auftrag, den man sehr leicht anders erfüllen kann als durch das Tragen eines eigenen Theaters und eines eigenen Orchesters mit 500 Beschäftigten.

Kein Wort, meine Damen und Herren, über die Frage, was denn mit einem Orchester sein könnte, wo dieses Orchester denn existieren könnte. Sie finden nur im §1 dieses Vertrages die Aussage Die Gesellschaft betreibt Spielstätten in Krefeld und Mönchengladbach. Und dann steht da weiter noch: Proben des Orchesters finden in der Regel in Mönchengladbach statt. Das besagt gar nichts.

Sollte der Kostendruck in den nächsten Jahren grösser werden, ist die einfachste Lösung, dem zu begegnen, nach dem bekannten FDP-Motto möglich: Wir verzichten auf Personal. Ein Orchester zu entlassen bedeutet 2 bis 5 Mio. € Einsparung im Jahr. Das ist viel. Die Versuchung ist gross. Die Zielvorgabe des Vertrages ist auch erfüllbar mit Gastspielen. Die kriegt man billiger. Der Zweck aber, Kultur fördernd und vor allen Dingen produzierend zu sein und damit im Kreis der Städte, die ein eigenes Theater tragen, auch eine bedeutsame Rolle zu spielen, ist für Mönchengladbach verspielt. Eine solche Situation kann die FWG-Fraktion nicht mitverantworten. In spätestens fünf Jahren werden sich die unverträglichen Folgen gezeigt haben.

Es soll ein Aufsichtsrat gebildet werden. In diesem Aufsichtsrat sind von diesem Rat sechs Leute vertreten. Ganze sechs. Die werden nach den bekannten Regeln bestimmt. Und die kleineren Fraktionen sind aussen vor. Im Rat der Stadt Mönchengladbach sind diese kleinen Fraktionen nicht aussen vor gewesen, wenn es bisher um Fragen des Theaters ging. Da konnten alle mitwirken. Hier sollen nun die kleinen Fraktionen abgespeist werden durch eine Beratungsfunktion.

Wegen der Bedeutung eines Theaters für die Stadt ist diese Regelung nicht akzeptierbar.

Es gibt einen Hinweis auf die Übertragung der Spielstätten. Sehr interessant. Spielstätten in Mönchengladbach sind das Theater in Rheydt, aber auch die Kaiser Friedrich Halle. Die findet keinerlei Erwähnung, komischerweise. Wissen Sie, was das heißen könnte? Dass man zukünftig in der KFH keine Konzerte mehr veranstaltet. Könnte! Muss nicht sein. Im ersten Schritt wird man diese Einschränkung sicher nicht machen. Unter dem Druck der Umstände wird sich das ergeben. Der GmbH-Vertrag wirkt einer solchen Entwicklung nicht entgegen, er fördert sie. Und das, was jetzt zu regeln ist, steht gar nicht im Vertrag, sondern in einer separaten Finanzierungsvereinbarung. Und die ist bemerkenswert. Im Text, der Ihnen zur Beschlussfassung vorliegt, wird in diesem Zusammenhang eine Anlage 1 erwähnt. Das ist eine Aufstellung, aus der Sie bestimmte Dinge ersehen können sollen, die mit Geld zu tun haben. Leider fehlt diese Anlage komplett, so dass Sie vom Inhalt nicht mal Kenntnis nehmen können. Macht nichts, Hauptsache, Sie beschließen!

Das ganze Werk, was Ihnen hier vorliegt, schmeckt mir sehr danach, dass hier die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, das Theater, wenn es uns denn drückt, aus Sparsamkeitsgründen abschaffen zu können. Und da braucht sich hier keiner die Finger schmutzig zu machen. Das geschieht über die Organe der Gesellschaft selbst. Dann entscheidet der Intendant: Das tut mir leid, wir können jetzt nicht mehr. Und alle schönen Erklärungen, die heute gegeben sind, dass die Leute, die da arbeiten, dieselben Rechte haben wie früher bei den Städten, hindert auf die Dauer eine solche Entscheidung überhaupt nicht. Ich möchte nicht behaupten, dass das beabsichtigt ist. Aber ich habe durchaus Erklärungen dafür, Erklärungen, meine Damen und Herren, dass diese Folge ganz bewusst in Kauf genommen wird. Das ist nicht heute und morgen zu erwarten. Dass es aber irgend wann dazu kommen kann, dass wir das Theater aus Gründen der Sparsamkeit nicht mehr halten können, könnte in fünf Jahren der Fall sein. Dann laufen die jetzt gültigen Finanzierungsvorstellungen aus.

Hier wurde der Vortrag durch den Herrn Oberbürgermeister unterbrochen, weil die Redezeit um 1,5 Minuten überschritten war. Es blieb nur noch Gelegenheit nochmals vor dem Beschuss zu warnen und darauf hinzuweisen, dass ein Beschluss im Sinne des Verwaltungsvorschlages nicht nur falsch, sondern auch kein Beitrag zu dem oft beschworenen Transparenzgebot darstellt.

 

Verantwortlich im Sinne von § 5 TMG

Erich Oberem sen.
Kampsheide 9, 41063 Mönchengladbach

 

Tel: +49 2161 896528
Web: www.fwg-in-mg.de
E-Mail: info@fwg-in-mg.de

Der Kommentar - aus und für Mönchengladbach

Diese Website wird seit der Auflösung der Freien Wählergemeinschaft 2016 vom ehemaligen Vorsitzenden Erich Oberem sen. fortgeführt.

 

Dabei sollen Informationen und Einschätzungen zu kommunalpolitischen Angelegenheiten für Interessierte vermittelt werden.