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Kategorie: Haushalt
Klaus Oberem

Am 20. September beriet der Hauptausschuss über den Haushaltssanierungsplan, den die Stadt erstellen muss, um am Finanzstärkungspakt des Landes NRW für Kommunen mit Hauhaltsdefizit beteiligt zu werden.

Ein solcher Plan ist nicht vorstellbar ohne schwere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Der vom Oberbürgermeister vorgelegte Entwurf sieht vor, dass die Hauhaltssanierung im wesentlichen durch Einnahmenerhöhung - Steuern und Entgelte für Dienstleistungen - gesichert werden soll. Die FWG-Fraktion stellte dem einen Vorschlag gegenüber, nach dem die Ausgaben der Stadt reduziert werden können. Es wäre damit ein vernünftiges Verhältnis zwischen Einnahmenerhöhung und Ausgabenreduzierung zu erzielen gewesen. Dieser Vorschlag fand nicht die Zustimmung der Mehrheitsfraktionen von SPD, GRÜNEN und FDP. Die CDU hatte keine eigenen Vorschläge und entzog sich der Abstimmung, indem sie den Ratssaal verließ. Sie drückt sich damit vor Verantwortung, obwohl sie die Hauptschuld für die heutige Finanzmisere der Stadt trifft.

Die FWG-Fraktion wurde in der Hauptausschusssitzung von Ratsherrn Klaus Oberem vertreten. Er trug dem Hauptausschuss den Vorschlag der FWG wie folgt vor:

 

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

seit 19 Jahren kennt unsere Stadt keinen ausgeglichenen Haushalt mehr.

Die Ursachen hierfür liegen nicht in sinkenden und geringen Einnahmen und Erträgen. Diese sind in den letzten 10 Jahren jährlich gleich bleibend hoch oder steigend ausgefallen. Die dazu passenden Zahlen mit einer ausgewiesenen Steigerung der Einnahmen und Erträge wurden vom Kämmerer bereits bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs dargestellt.

Die Ursachen liegen auch nicht in der steigenden Belastung mit pflichtigen Ausgaben, z.B. im Sozialwesen. Es ist keineswegs Konsens, dass diese Ausgaben hauptursächlich für das Defizit kommunaler Haushalte maßgebend sind. Gleichwohl Konsens darüber besteht, dass wegen hoher Soziallasten, die von Bund und Land den Kommunen in den letzten 10 Jahren aufgebürdet wurden, für ohnehin defizitär agierende Kommunen wie z.B. auch MG eine Rückkehr in einen ausgeglichenen Haushalt nicht mehr möglich erscheint, bescheinigt uns das viel zitierte und den Stärkungspakt Stadtfinanzen mitbegründende Jungkernheinrich-Gutachten defizitäres Wirtschaften bereits seit zwei Jahrzehnten mit wachsender Tendenz (siehe hierzu Gutachten Nr. 1.1.1) und unterlassener Ausgabendisziplin (siehe Gutachten Nr. 533 S. 284). Diese unterlassene Ausgabedisziplin bestätigt im übrigen auch die Bezirksregierung, indem sie das weitere Verzögern eigener Konsolidierungsbemühungen der Stadt als verantwortungslos brandmarkt.

Wesentliche Faktoren für die ungünstige Entwicklung waren der Verzicht auf die Reduzierung von Verwaltungs- und Sachaufwand, die Gründung kostentreibender, Einnahmen verzehrender Beteiligungsgesellschaften, wie EWMG und MGMG, überflüssige Beschaffungen, z.B. Bürocontainer für Gartenamt, kostenträchtige Planungsaufträge, unnötige Investitionen, wie Mehrzweckhalle Neuwerk und Totenhalle Holt, fehlende Personalplanung auf der Basis umfassender Aufgabenkritik. Besonders auffällig ist in diesem Zusammenhang die Aufblähung des zur Bedienung des Verwaltungsvorstandes aufgebauten Personalbestandes. In so fern darf man feststellen, dass die als Beitrag zur Sparpolitik verstandene Verwaltungsreform nicht zu Ende geführt ist, und, gemessen an den hohen Zielen, kontraproduktiv war.

Es gab in der Vergangenheit sicher verschiedentlich durchaus gute Ansätze, dem Defizit entgegen zu wirken. Die einen verpufften, wie die Ausgliederung von Stadtreinigung und Kanalbetrieb, andere verkehrten sich in ihr Gegenteil wie die Musical-Ansiedlung im Stadttheater Hindenburgstraße.

Als einzige Möglichkeit, die Situation zu ändern, wird heute die Teilnahme am Finanzstärkungspakt des Landes NRW gesehen. Doch die ist nicht zum Nulltarif zu bekommen. Die in 19 Jahren nicht freiwillig zu erzeugende Sparpolitik soll erzwungen werden, will man sich an dem Stärkungspakt beteiligen. Der Preis dafür ist ein Haushaltssanierungsplan. Ein Entwurf der Verwaltung dafür und ein Änderungsvorschlag der Mehrheitsfraktionen dazu liegen uns vor.

Die FWG hat den Antrag auf Beteiligung am Stärkungspakt mit der Erwartung und Forderung mitgetragen, die notwendige Haushaltssanierung nicht hauptsächlich durch Einnahmeverbesserungen zu erzielen.

Diese Forderung ist nicht erfüllt.

Die Aufwendungsseite des Haushaltsplanes bleibt weitestgehend unangetastet. Der Anteil der Einnahmenverbesserung an der Gesamtkonsolidierung liegt bei über 60% (Ordentlicher Ertrag inkl. Steuern + Finanzertrag), der nur durch Steuern und ähnliche Abgaben geplante Konsolidierungsanteil liegt dabei schon bei über 41%. Hier wird eindeutig der recht einfachen, aber auch einfallslosen Ertragssteigerung zu Lasten von Bürgern und Unternehmen der Vorrang gegenüber der Ausgabendisziplin gegeben. Daran ändert auch der Vorschlag der Mehrheitsfraktionen nichts, der allenfalls die drastischsten Erhöhungsversuche vorwiegend da abmildert, wo Bürgerprotest dies verlangt.

Die FWG hat die Entscheidung mitgetragen, den Antrag auf Beteiligung am Finanzstärkungspakt zu stellen. Sie ist bereit auch einem Haushaltsanierungsplan zuzustimmen. Das hat aber zur Voraussetzung, dass Einnahmenerhöhungen bei der Haushaltssanierung nur ultima ratio sein können. In soweit gibt auch das Jungkernheinrich-Gutachten der FWG recht. Dass eine Sanierung ohne Abgabenerhöhung kaum möglich sein wird, ist der FWG bewusst. Sie wird dies akzeptieren, wenn ein vernünftiges Verhältnis zwischen Einnahmeerhöhungen und Sparmaßnahmen zustande kommt.

Dazu erklärt die FWG und bittet den Rat die damit verbundenen Entscheidungsvorschläge zu beschließen:

  1. Nach produktscharfer Überprüfung der Ansätze für Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen und der Sonstigen Aufwendungen in allen Teilergebnisplänen des Haushaltsplanes für 2012 werden alle nicht durch Gesetze oder Verträge gebundenen Ansätze um 20% gekürzt. Das sind 22.382.228 €.

    Anmerkung

    Der Sparbetrag ist nicht absolut sicher zu ermitteln, weil die Erläuterungen keine klar definierten Angaben enthalten. Es sind lediglich Zwecke genannt ohne betragliche Differenzierung. Dies macht das Verständnis und die Beurteilung der Ansätze nahezu unmöglich. Erstaunlich ist, dass bei dieser Ausweisungsart jemand überhaupt eine verantwortliche Entscheidung über Ansätze glaubt treffen zu können.

  2. In dem unter Ziff. 1. genannten Betrag ist ein Anteil von 5.055.000 € enthalten, der den veranschlagten Abführungen an die NEW für die Hallenbadbetriebsführung abzgl. der Einnahmen aus Eintrittsgeldern entspricht. Unberücksichtigt sind Aufwendungen, die der Stadt zukünftig für die Bereitstellung der Hallenbäder für Schulen und Vereine entstehen. Die hier genannten Aufwendungen sind im Verwaltungsentwurf für den Haushaltssanierungsplan nicht als berücksichtigt erkennbar.

  3. Der Haushaltsplan berücksichtigt in den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen Mittel, die durch vertragliche oder gesetzliche Bindung begründet sind. Dies sind insgesamt 122.101.390 €. Desgleichen sind als Sonstige Aufwendungen 97.861.800 € als gesetzlich gebunden aufgeführt, die kürzbar erscheinen. Trotz der nicht differenzierenden Zweckbeschreibung für die Aufwendungen ist festzustellen, dass in diesen Aufwendungen Beträge enthalten sein müssen, die eine 20%ige Kürzung der Ansatzanteile zulassen. Die Produktsachkonten sind darauf zu überprüfen. Die entsprechenden Ansatzanteile sind entsprechend zu reduzieren.

  4. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die vertraglichen Bindungen daraufhin zu überprüfen, welche Anteile entfallen können. Soweit die Abfallentsorgung bei dieser Überprüfung betroffen ist, sind die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit benachbarten Kommen zu untersuchen, um nach Ablauf der laufenden Verträge zu kostensenkenden Absprachen zu kommen. Dabei soll die Koppelung von Kosten für die Abfallbeförderung mit den Entsorgungskosten ein Mittel sein, Aufträge ausschreibungsfrei und kostengünstig vergeben zu können.

  5. Ohne das Personal als Sparschwein zu benutzen, sind Möglichkeiten der Personalkostenreduzierung möglich. Bei den Produkten 001 020 010, 001 015 010, 001 025 010, 005 005 010, und 009 010 40 sind insgesamt 65,41 Stellen ausgewiesen, davon sechs Wahlbeamtenstellen. Die Ausweisungen betreffen ausschließlich das Arbeitsumfeld der Wahlbeamten. Das damit vorhandene Zuarbeiterpotenzial für die Wahlbeamten ist erheblich übersetzt. Es ist auf je zwei für den Oberbürgermeister und den Stadtkämmerer und je einen für jeden anderen Wahlbeamten zu reduzieren.

    Anmerkung

    In diesem Teil des Vorschlages hatte sich ein Fehler eingeschlichen, der selbst dem Herrn Oberbürgermeister auffiel: statt 009 010 040 war die Produktbezeichnung 009 030 020 genannt.

  6. Es war zu beobachten (z.B. bei Vergaben), dass für die Produkte 001 120 010 (Gebäudemanagement), 001 140 010 (Neubau – Hochbau), 012 015 020 (Neu-, Umbau, Erweiterung von Verkehrsflächen) Planungsaufgaben vergeben werden, für deren Erledigung Personal vorgehalten wird. Für die genannten Produkte stehen insges. 97,77 Stellen zur Verfügung. Mit den Vergaben der Planungsaufgaben ist belegt, dass eine Überbesetzung bestehen muss. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die notwendige Zahl von Stellen bei Berücksichtigung der regelmäßigen Fremdleistungen zu ermitteln. Das überzählige Personal ist anderen Aufgaben verfügbar zu machen.

  7. Die vor einigen Jahren vom damaligen Ratsherren Norbert Bude angestoßenen Prüfungen zur PPP-Nutzung sind nie zu Ende geführt worden. Nach Feststellungen der FWG könnte das Einsparpotenzial solcher Maßnahmen bei mehr als 400 Mill. € liegen. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Prüfung zu Ende zu führen. Falls wider Erwarten doch ein Prüfungsergebnis erarbeitet worden sein sollte, soll es vorgelegt werden.

  8. Die EWMG verursacht Kosten, die zum Nutzen, den sie erbringt, in keinem angemessenen Verhältnis stehen. Allein die dort aufzubringenden Personalkosten sind etwa ein Drittel höher als bei einer Aufgabenerfüllung durch Organisationseinheiten der Stadtverwaltung. Die Summe der Geschäftsführungskosten, Provisionen, Kostenerstattungen und Verlustausgleichen lässt sich wegen der Darstellungsart anhand des Haushaltsplanes nicht sicher feststellen. Unter Berücksichtigung der für die Produkte 001 130 010 und 015 040 010 im Haushaltsplan enthaltenen Ansatzinformationen und der Informationen über Personalkosten läge der mögliche Einspareffekt bei (geschätzt) mehr als 6 Mill. €, wenn die EWMG aufgelöst würde. Deshalb wird die Gesellschaft aufgelöst.

  9. Die MGMG erhält jährlich Kapitalzuführungen von rd. 1.000.000 € um Insolvenz zu verhindern. Es ist zu prüfen wie dieser Betrag eingespart werden kann.

  10. Mit Rücksicht auf die Höhe der Einsparvorschläge beschließt der Rat, auf die Erhöhung von Entgelten für Musikschule, Volkshochschule und Museen zu verzichten.