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Kategorie: Handels- u. Dienstleistungszentrum

Bedauerlicherweise ist wieder einmal eine Chance vertan worden, in der Stadtentwicklung einen Fortschritt zu begründen.

Die Gestaltenmehrheit aus SPD, Grünen und FDP entschied in der Sondersitzung des Rates am 26. Mai 2010 - mit Unterstützung der CDU - , die Planungen für das Handels- und Dienstleistungszentrum (HDZ) in einer kleinen Version am Standort des ehemaligen Stadttheaters mit der Firma MfI fortzuführen. Wie von der FWG befürchtet, wird die Stadt wieder einmal in einer wichtigen Frage ihrer Entwicklung drittbestimmt. Dabei geht es nicht darum, welcher Grundstücksentwickler - MfI oder ECE - das bessere Konzept hat, sondern darum, welche Ziele für die Innenstadt verfolgt werden und von wem.

Seit mindestens 1999, als die CDU einen nicht durchdachten Antrag ohne jede stadtentwicklungstechnische Zielvorgabe auf Einschaltung eines Investors für die Nutzung des ehemaligen Stadttheaters einbrachte, wursteln sich die jeweiligen Ratsmehrheiten durch die verschiedensten Planungsvorstellungen – jeweils erfolglos. Unterschiede zwischen CDU/FDP und SPD/Grünen/FDP bestehen nicht. Die CDU selbst hat aus ihren Fehlern in der Vergangenheit nichts gelernt und verfolgt jetzt die Ziele der Ampel als wären es ihre eigenen.

Die CDU sieht sich nicht einmal in der Verantwortung für Entwicklungen, die ihre Führung in der Vergangenheit im Rahmen der berüchtigten Hinterzimmerpolitik eingeleitet hatte. ECE wollte seinerzeit mit einem HDZ auf das Grundstück zwischen Lüpertzender Straße und Hindenburgstraße. Die CDU-Führung drängte das Unternehmen in lange andauernden Geheimverhandlungen - mal ohne und mal mit Unterstützung von Verantwortlichen der Verwaltung - auf den Standort des ehemaligen Stadttheaters. Ein Tunnel im Zuge der Steinmetzstraße und die Schließung der Viersener Straße zwischen Steinmetzstraße und Hindenburgstraße waren der Preis, den ECE für die Zustimmung zu dem Standorttausch forderte. Dem darauf fußenden Plan von ECE bescheinigten Stadtplaner und Gutachter höchste Qualität in stadtentwicklungstechnischer, verkehrstechnischer, architektonischer Hinsicht und in Bezug auf die Einbindung in das Einzelhandelskonzept. Andere Vorstellungen für die Gestaltung der Stadt im Bereich des ehemaligen Schauspielhauses Hindenburgstraße hatten keine Chance überhaupt bewertet zu werden.

Im Rahmen der europaweiten Ausschreibung des Projektes HDZ änderte sich nichts an der durch die CDU-Führung begründeten stadtentwicklungstechnischen Einstellung der jeweiligen Mehrheiten im Rat der Stadt. Ein großer Fehler, wie von der FWG mehrfach zum Ausdruck gebracht und begründet wurde.

Aus der Sicht der Stadtentwicklung hätten Ziele erarbeitet werden müssen, die sich nicht nur auf den Bereich des ehemaligen Schauspielhauses, sondern auch auf das Gelände zwischen Lüpertzender Straße und Hindenburgstraße erstrecken mussten. Zugleich hätte festgelegt werden müssen, dass "Haus Westland" als Standort für Teile der Stadtverwaltung ausscheidet. Weiter wäre eine Entscheidung zum Standort der Stadtbibliothek notwendig gewesen. Die neue Festlegung hätte heißen müsse:

  1. HDZ auf den Bereich zwischen Lüpertzender Straße und Hindenburgstraße,

  2. ehemaliges Schauspielhaus wird Standort für Teile der Stadtverwaltung und für Kulturinstitute (z. B Stadtbibliothek, Musikschule, Volkshochschule, Kammermusiksaal, Studiobühne).

Nichts dergleichen geschah. Das europaweite Vergabeverfahren unter weitgehendem Zielvorgabenverzicht der Stadt lief an. Es blieb abzuwarten, was Anbieter zu offerieren hatten. ECE ist bei seinen früher schon bekannten, von der CDU verursachten und von Stadtverwaltung und Gutachtern hoch gelobten Plänen geblieben. Neu sind die Planungsvorstellungen von MfI.

Auf der Basis einer Bewertung dieser Pläne sollte der Rat am 26. Mai 2010 darüber entscheiden, mit welchem Investor weitergearbeitet wird. Was nicht verraten wurde war, wer die Bewertung vorgenommen und wer das dafür erforderliche Bewertungssystem festgelegt hatte. Der Stadtverwaltung fiel auf die Frage der FWG danach nichts anders ein als der Hinweis auf einen Ratsbeschluss vom 24. September 2008. Der aber legte lediglich fest, welche Bedeutung verschiedene Kriterien für eine Entscheidung haben sollten. Die Details des Bewertungssystems und der Personenkreis, der diese handhaben sollte, sind Geheimsache. Ein Teil dieser Geheimsache ist in den Ausschreibungsunterlagen enthalten. Doch die dürfen nur die Teilnehmer am Wettbewerb haben. Den Mitgliedern des Rates der Stadt werden selbst die vorenthalten. Der Beschluss des Rates vom 16. April 2008, wonach der Rat auch über den Ausschreibungstext zu entscheiden hatte, wird ignoriert. Der Herr Oberbürgermeister nahm zu diesem Punkt am 26. Mai 2010 auf die entsprechende Nachfrage der FWG nicht einmal Stellung. Dasselbe galt für den Hinweis der FWG auf die Bestimmungen der Zuständigkeitsordnung, wonach auch der Vergabeausschuss bei der Festlegung des Vergabe- und Bewertungssystems zu beteiligen gewesen wäre.

Wie die Beratungsvorlage für die Ratssitzung am 26. Mai 2010 ausweist, weicht die Bewertung der ECE-Vorschläge völlig von der früheren Beurteilung durch die Stadtverwaltung und deren Gutachter ab. Das lässt zwei Schlüsse zu. Entweder waren alle früheren Aussagen oder es sind die jetzigen falsch. Das heißt, dass die früheren Aussagen im Interesse der von der damaligen CDU/FDP-Ratsmehrheit gewünschten Ergebnisse geschönt waren oder dass die jetzigen Bewertungsergebnisse manipuliert sind. Zu den auf die Aufklärung gerichteten Hinweisen der FWG in der Ratssitzung am 26. Mai 2010 gab es keine Erklärung. Motto: Was man nicht erklären will oder kann, muss man aussitzen.

Peinlich wurde die Situation in der Ratssitzung, als die FWG auch noch darauf hinwies, dass die Bewertung der Bieterangebote nicht einmal rechnerisch richtig war. Selbst darauf reagierte niemand. Der Beschluss wurde gegen die Stimmen der FWG und eines einzelnen weiteren Mitgliedes des Rates der Stadt gefasst. Bleibt abzuwarten, was der Stadt damit eingebrockt wurde.